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Fachartikel
7.11.2023

Batteriespeicher und die Strompreisbildung: Kostenersparnis durch Flexibilitätsausbau?

Lesedauer:
6 min

Batteriespeicher werden als Schlüsseltechnologie der deutschen Energiewende bezeichnet. Durch ihr schnelles Reaktionsvermögen auf Ungleichgewichte in der Stromversorgung sind sie vielfältig einsetzbar.  

Ist der Speicher auf Energiemärkten aktiv, steuern Preissignale auf Strombörsen und Regelleistungsmärkten das Lade- und Entladeverhalten des Speichers. Darüber hinaus ist der Speicher in der Lage nicht-frequenzgebundene Dienstleistungen wie die Verbesserung von Spannungshaltung und Netzträgheit zu leisten. Sollte es zu Engpässen im Stromnetz kommen, so kann der Speicher diesem gezielt durch Einsatz im Redispatch entgegenwirken. Der Einsatz von Batteriespeichern für Netzstabilisierung und -Infrastruktur kann langwierigen Netzausbau vermeiden.  
Ein Batteriespeicher mit geeigneter Strategie ist in der Lage, netzdienliches Verhalten mit dem marktorientierten Handeln zu kombinieren. Dieses Zusammenspiel ermöglicht es einige der größten Problemstellungen im Energiesystem zu adressieren und zu reduzieren. Beispielsweise kann der Speicher zu einer effektiveren Integration Erneuerbarer ins Stromsystem, der Senkung von Stromkosten für Endverbraucher, aber auch der Verbesserung der Spannungshaltung beitragen. Nicht alle positiven Einflüsse lassen sich dabei gleichermaßen quantifizieren. Aus diesem Grund legen wir im Rahmen dieses Artikels den Fokus auf die Marktaktivität von Speichern am Day-Ahead-Strommarkt. Hierbei analysieren wir, wie die Reaktion des Batteriespeichers auf Marktsignale einen Mehrwert generieren kann.  

Einsatz von Kyon Energiespeichern auf dem Day-Ahead-Markt

Aus dem Verhalten von Batteriespeichern an den Strommärkten ergeben sich langfristige ökologische und ökonomische Vorteile. Beispielsweise kann die Lade- und Entladestrategie eines Batteriespeichers dazu führen, dass mehr elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen genutzt wird. Neben diesen ökologischen Aspekten kann der Einsatz von Batteriespeichern den deutschen (und europäischen) Bürgerinnen und Bürgern bereits heute Geld einsparen. Dieser Effekt, den der Ausbau von Speicherkapazität in Deutschland auf die Strompreisbildung hat, soll im Folgenden exemplarisch erklärt und quantifiziert werden.  

Geht man von den durch den Netzentwicklungsplan gesetzten Zielen von 23,7 GW zusätzlicher Speicherleistung bis 2030 aus, so muss der Ausbau von Speicherprojekten deutlich beschleunigt werden. Denn zum jetzigen Stand (November 2023) verfügt Deutschland gerade einmal über 1,2 GW Speicherleistung durch Großbatteriespeicheranlagen. Kyon Energy möchte seinen Beitrag dazu leisten den Ausbau voranzutreiben, damit die Speicherprojekte zeitnah ihren Mehrwert entfalten können. Darum werden in den nachfolgenden Berechnungen die Projekte betrachtet, die Kyon kurzfristig realisieren wird. Durch diese Betrachtung ergibt sich die zusätzlich installierte Leistung und Kapazität von 3 GW/6 GWh. Für die vorgenommenen Berechnungen wird angenommen, dass diese Großbatteriespeicher bereits heute auf dem Day-Ahead Markt aktiv sind. Das Lade- und Entladeverhalten der Speicher wird durch die Preissignale auf dem Day-Ahead-Markt gesteuert. Zusätzlich muss der Füllstand des Speichers (state of charge) und die maximale Beschränkung der täglichen Zyklenzahl (1,5 Zyklen pro Tag) berücksichtigt werden.  

Besonders an Tagen mit extremen Preisschwankungen an den Strombörsen können die Kostenersparnisse für Stromkunden dank Speicher besonders hoch sein. Aus den Preisschwankungen ergibt sich ein hoher Bedarf zur Marktstabilisierung. Daher wird im Folgenden ein Sommertag des Jahres 2023 (11.06.2023) als Beispiel herangezogen.  
Ausgehend davon, dass die Preiselastizität der Nachfrage für die be- und entladene Energie vernachlässigbar ist, würde die zusätzliche Speicherkapazität wie in Abbildung 2 eingesetzt werden. Die Zeitpunkte von Be- und Entladung wurden durch ein lineares Optimierungsmodell bestimmt, welches die Aktivität der Speicher entsprechend den oben genannten Randbedingungen ermittelt.  

Aus den Abbildungen lassen sich beispielhaft für den 11ten Juni 2023 direkte Zusammenhänge aus Lastprofil, der Einspeisung von erneuerbaren Energien und den Preisen des Day-Ahead-Marktes ableiten. Solche Energie, die die inländische Nachfrage an Strom überschreitet, führt zu einem Überangebot, welches zum Teil durch Exporte ausgeglichen werden kann. Zudem bewirkt es, dass die Strompreise in manchen Zeiträumen auf dem Day-Ahead-Markt in den negativen Bereich sinken. Negative Preise sind also ein Marktsignal für ein Überangebot an Strom verglichen mit den inländischen Bedarfen. Diesem kann der Speicher durch gezielte Auflade-Vorgänge entgegenwirken, da so die Nachfrage an elektrischer Energie gesteigert wird.  

Stark ansteigende Strompreise auf dem Day-Ahead-Markt sind wiederum ein Zeichen dafür, dass hohe Bedarfe an elektrischer Energie vorliegen. Durch einen Entladevorgang des Speichers, ausgelöst durch das Preissignal, kann die Bereitstellung von Strom gesteigert werden, und so der hohen Nachfrage teilweise begegnet werden. Wie in Abbildung 2 gezeigt, treten solche hohen Marktpreise maßgeblich in den Zeiten auf, in denen nur wenig Energie aus Sonne und Wind in das Netz eingespeist wird. Das Entladen bei starker Nachfrage führt dazu, dass Spitzenlastkraftwerke mit hohen Grenzkosten für die Stromproduktion weniger aktiv sind.
Die Einspeisekapazität von erneuerbaren Energien ist also nicht bestimmend für die Speicheraktivität, jedoch über deren Einfluss auf die Strompreisbildung ein relevanter Faktor. Das Lade- und Entladeverhalten ist durch die Preissignale am Day-Ahead-Markt bestimmt. Es werden die Preisspitzen -und senken auf den Strommärkten abgefangen und damit die Markt-Resilienz gestärkt. Dieses Verhalten gemeinsam mit den bestehenden Mechanismen für Strompreisbildung führen es zu einer Absenkung der Kosten für elektrische Energie.

Senkung von Strompreisen durch Speicherung von Energie

Unabhängig von den Witterungsverhältnissen des jeweiligen Tages agiert der Batteriespeicher so, dass er bei geringer Nachfrage – und damit günstigen Preisen – lädt und bei starker Nachfrage und damit teuren Strompreisen entlädt. Die beiden beschriebenen Effekte haben einen gegenläufigen Einfluss auf die Kosten, die von Bürgerinnen und Bürgern für Strom aufgebracht werden müssen.

Die Höhe der Zahlungen, die von Endkonsumentinnen und -Konsumenten für elektrische Energie aufgewendet werden müssen, ist von den Grenzkosten der eingesetzten Kraftwerke abhängig. Diese Erzeugungskapazitäten aller Kraftwerke werden in aufsteigender Reihenfolge in der Merit-Order-List sortiert. Die Preisbildung erfolgt gemäß des pay-as-cleared-Prinzips: Alle eingesetzten Kraftwerke erhalten Zahlungen in Höhe der Grenzkosten des teuersten aktivierten Kraftwerkblocks. Die Preisbildung des gesamten Strombedarfs wird also durch die Lade- und Entladeaktivität des Speichers beeinflusst. Dank der näherungsweisen konvexen Eigenschaft (vgl. Abbildung 3) der Merit-Order-Liste, überwiegt die Preisreduktion bei Entladung, die Preiserhöhung bei Aufladung des Speichers.  

Die aus den Preisunterschieden resultierende Konsumentenrente (Verringerung der Beschaffungskosten für elektrische Energie durch geringere Nachfrage) zum Entladezeitpunkt ist größer als die Produzentenrente (Erhöhung der Beschaffungskosten durch gesteigerte Nachfrage) zum Ladezeitpunkt. So fallen also insgesamt für alle Konsumenten und Konsumentinnen geringere Kosten durch den Verbrauch elektrischer Energie an.  

Durch eine Modellierung kann diese Überlegung auf die Aktivität der Kyon Energy Pipeline auf dem Intra-Day-Markt übertragen werden. Hierzu wurde zunächst das beschriebene lineare Optimierungsmodell als ‚Fahrplan‘ für den Speicher angesetzt. In einem zweiten Schritt wird bestimmt, ob und in welcher Höhe die zusätzlich entstehende Ein- und Ausspeisekapazität Einfluss auf die Stromproduktion aus fossilen Energieträgern hat. Durch den Abgleich der benötigten Erzeugungskapazitäten und einer Merit-Order-Liste, die durch das Forschungsprojekt „EWI Merit Order Tool 2022“ des Energiewissenschaftlichen Instituts and der Universität zu Köln veröffentlich wurde, lassen sich die Grenzkosten der entsprechend benötigten fossilen Erzeugungskapazitäten ermitteln. Wird dies für die benötigten Erzeugungskapazitäten vor und nach dem Einsatz von Batteriespeichern getan, lässt sich die Differenz der Grenzkosten für Stromproduktion bestimmen. Es wird vereinfachend angenommen, dass sich die Differenz der Grenzkosten aus der Merit-Order-Liste auf die Preisbildung des Day-Ahead-Marktes übertragen lässt. Entsprechend kann die Ersparnis oder die Mehrkosten, die durch jede einzelne der Ladebewegungen des Speichers entsteht bemessen werden.  

Wendet man die Modellierung auf den beispielhaften Sommertag an, so wird sichtbar, dass die Ersparnisse, die zusätzlichen Kosten überwiegen, wie in Abbildung 4 dargestellt.  

Im Beispiel wird ersichtlich, dass zum Zeitpunkt des Ladens, abhängig von den vorhandenen Erzeugungskapazitäten, die zusätzlichen Aktivierungen von Kraftwerken mit niedrigen Kosten für die Stromproduktion notwendig sein kann. Das Laden kann also zu einer leichten Erhöhung des Strompreises führen (hier als Verringerung der Ersparnis gekennzeichnet), sollte kein Überschuss an erneuerbaren Energien vorliegen.  

Deutlich mehr ins Gewicht fällt jedoch die Kostenersparnis beim Entladen des Stromspeichers. Zum Entladezeitpunkt übersteigt die Nachfrage nach Strom die Produktion der erneuerbaren Energien. Die Einspeisung des zwischengespeicherten Stroms verringert den Bedarf an elektrischer Energie zum Entladezeitpunkt. Durch die Verringerung des Bedarfs an Stromproduktion scheiden die Kraftwerke mit den höchsten Grenzkosten bei der Deckung der Nachfrage aus. Damit verringert sich der Strompreis.
Die Gesamtausgaben für die Beschaffung von elektrischer Energie werden an dem betrachteten Tag durch den Einsatz der Speicher deutlich gesenkt. Aus dem Verhalten der Stromspeicher am Strommarkt entsteht eine Ersparnis für Stromkundinnen und -Kunden.  

Die zuvor beispielhaft durchgeführte Rechnung kann auf beliebige Zeitspannen erweitert werden, um zu ermitteln, welchen Ersparnis die Kyon Pipeline in den ersten drei Quartalen dieses Jahres erwirtschaftet hätte. Es wurde daher für die ersten zehn Monate des Jahres 2023 für alle Tage die Lade- und Entladebewegung der 3GW/6GWh Kyon Pipeline simuliert. Mittels dieser Lade- und Entladebewegungen lassen sich Rückschlüsse auf Unterschiede in Nachfrage und maximalen Grenzkosten fossiler Stromerzeugung ziehen. Durch die Übertragung der Kostendifferenz auf die Day-Ahead-Märkte ergibt sich bereits in den ersten 10 Monaten des Jahres eine Ersparnis von 298,42 Millionen Euro. Dies entspricht eine Kostenreduktion von 0,7886 EUR/ MWh erzeugter elektrischer Energie. Durch die noch bevorstehenden Wintermonate würde diese Kostenersparnis bis Ende des Jahres noch deutlich steigen, da hier besonders oft der Einsatz von Spitzenlastkraftwerken vermieden werden kann.
Mit einem Anteil von 28% am Endenergieverbrauch in Deutschland, hätten Haushalte (Gesamtverbrauch von 339,413 Millionen MWh) durch Speicher bis zum heutigen Tag in diesem Jahr bereits über 83 Millionen Euro einsparen können.

Besonders in Zeiten starker Schwankungen an den Strombörsen, bringt die Integration von Stromspeichern großen Mehrwert. Daher hätte der Einsatz der Kyon Pipeline in dem durch Instabilität geprägten Jahr 2022 sogar eine Ersparnis von 657,813 Millionen Euro (bzw. 1,363 EUR/MWh) bewirkt. Das Jahr 2022 war geprägt durch hohe Preise und teils Lieferengpässen für fossile Kraftstoffe. Gleichzeitig konnte weniger (günstiger) Strom aus Anrainerstaaten importiert werden. Diese beiden Aspekte, gemeinsam mit dem noch geringeren Ausbau von erneuerbaren Energie-Anlagen, führten dazu, dass für hohe Nachfragemengen oftmals teure Spitzenlastkraftwerke herangezogen wurden. Gemeinsam mit hohen Spreads an den Strombörsen, ergab sich ein hohes Potential für Batteriespeicher, preisglättend einzuwirken.  
Solche, von Instabilität und dem gehäuften Einsatz von Spitzenlastkraftwerken geprägten Zeiten, erhöhen die Kosten für die Deutsche Energiebereitstellung. Batteriespeicher sind in der Lage, solche Instabilität entgegenzuwirken und verbessern damit die Resilienz der Strommärkte. Durch politisches Handeln und zunehmenden Ausbau Erneuerbarer Energien, sollen äußere Abhängigkeiten für die inländische Stromerzeugung zukünftig verringert werden. Daher ist zu erwarten, dass das Jahr 2022 die Ausnahme bleibt.  

Nichtsdestotrotz zeigt sich durch das Beispiel, die Relevanz einer krisenfesten Energieversorgung, zu der Batteriespeicher einen Beitrag leisten können.  

Fazit

Die Modellierung des Verhaltens von Batteriegroßspeichern am Day-Ahead-Markt indiziert, welchen Einfluss diese auf die Strompreise am Markt haben können. Der weitere Ausbau von Speicherkapazitäten kann also zu unmittelbaren Kosteneinsparungen für Stromkunden, im Industrie- sowie privaten Kotext führen.

Wie zu Beginn des Beitrags beschrieben, beschränkt sich der Mehrwert, den Batteriespeicher aus volkswirtschaftlicher Sicht erbringen können, nicht nur auf eine Reduzierung von Strompreisen. Um die Effekte vollumfänglich zu beschreiben und zu beziffern, bedarf es einer weiterführenden Analyse. Gemeinsam mit weiteren Akteuren aus der Speicherbranche, engagiert sich Kyon, den Nutzen von Batteriespeichern sichtbar zu machen. Abgeleitet aus dem beschriebenen Mehrwert der Speicher, plädieren wir für den Abbau regulatorischer Hürden in der Entwicklung von Speicherprojekten durch die Schaffung eines transparenten Rahmenwerkes. Dies ist insbesondere um die Einführung deiner Einspeiseverordnung für Speichertechnologien (SpeicherNAV) und die Befreiung von Zahlungen für Baukostenzuschüsse bei Netzanschluss zu gewährleisten

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