Merit Order

Definition

Mit der Merit Order wird die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke auf dem Stromhandelsplatz bezeichnet, welche den Strombedarf decken. Sie soll die wirtschaftlich beste Stromversorgung sicherstellen. Es handelt sich dabei also um ein Marktmodell und nicht um ein verpflichtendes Gesetz zur Einsatzreihenfolge der Kraftwerke und wird seit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 allgemein angewendet.

Wie bildet sich die Merit-Order?

Für den jeweils nächsten Tag bieten Kraftwerksbetreiber an der European Energy Exchange (EEX) die Stromproduktion ihrer Kraftwerke zu den jeweiligen Grenzkosten an, also den Kosten, die zur Erzeugung der Megawattstunde notwendig sind. Langfristige Kosten, wie zum Beispiel der Zubau bzw. Abbau von Erzeugern, werden hierbei jedoch nicht berücksichtigt. Dies ist ein häufiger Kritikpunkt des Merit-Order-Modells.
Analog dazu ordern Energielieferanten die Energiemengen, um für den Folgetag den Strombedarf decken zu können. Die EEX-Börse sortiert die Angebote der erzeugenden Kraftwerke daraufhin in aufsteigender Reihenfolge. Daraus ergibt sich die Merit-Order-Kurve. Beginnend mit dem günstigsten Erzeuger, erhalten alle weiteren Kraftwerke den Zuschlag, welche zur Deckung der Last benötigt werden und dementsprechend eingesetzt werden.  

Wie wird der Stromhandelspreis bestimmt?

Mit der Merit-Order, also der Einsatzreihenfolge der erzeugenden Kraftwerke, und der Energienachfrage kann der sogenannte Market-Clearing-Price bzw. Markträumungspreis ermittelt werden. Dieser wird durch das teuerste Kraftwerk bestimmt, welches einen Zuschlag erhält. Also das teuerste Kraftwerk, das für die Deckung der Nachfrage eingesetzt wird. Dieses Kraftwerk wird auch Grenzkraftwerk genannt. Der Market-Clearing-Price ist folglich der Börsenpreis und wird für alle eingesetzten Kraftwerke ausgezahlt. Die Erzeuger mit besonders geringen Grenzkosten können dementsprechend sehr hohe Gewinnen erzielen.

Was beschreibt der Merit-Order-Effekt?

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien sorgt für dauerhaft sinkende Stromproduktionskosten und damit für eine Verschiebung der Kraftwerksreihenfolge. Die Grenzkosten der Erneuerbaren liegen quasi bei Null, da Sonnen- und Windenergie kostenlos zur Verfügung stehen. Sie verdrängen damit nach und nach immer mehr konventionelle Kraftwerke in der Merit-Order nach hinten. Dieses Phänomen, die Verdrängung der teureren Kraftwerke, wird auch als Merit-Order-Effekt bezeichnet und sorgt dafür, dass teure Spitzenlastkraftwerke seltener als preisbestimmende Kraftwerke eingesetzt werden.

Einfluss der aktuellen Lage

Bereits in der Vergangenheit waren Gas-Kraftwerke die teuersten Kraftwerke mit den höchsten Grenzkosten. Das zur Erzeugung elektrischer Energie verwendete Gas stammte in der Vergangenheit zu einem Großteil aus russischer Förderung. Durch die Kriegssituation in der Ukraine und den politischen Folgen stieg der Gaspreis bekanntlich stark an. Daraus resultierend steigen auch die Grenzkosten der Gas-Kraftwerke extrem an. Die entsprechende Merit-Order-Kurve zeigt seitdem exponentielle Charakteristiken. Werden diese Kraftwerke zur Deckung der Nachfrage eingesetzt, ist der Market-Clearing-Preis entsprechend hoch.

Welchen Einfluss haben Batteriespeicher auf die Merit-Order?

Energiespeicher können im Hinblick auf den Börsenstrompreis den durchschnittlichen Market-Clearing-Preis senken. Doch wie funktioniert das? Denn immerhin wird keine elektrische Energie erzeugt, sondern die Einspeisung lediglich zeitlich verschoben.
Zu Zeiten hoher Einspeisungen Erneuerbarer Energien verläuft die Merit-Order-Kurve zunächst sehr flach. Da mit dieser Energiemenge ein Großteil der Last gedeckt wird, wird der Börsenstrompreis vergleichbar niedrig sein. In Einzelfällen existieren am Markt sogar negative Börsenstrompreise. Erhöht sich also die Last durch die Beladung eines Speichers und damit auch die Nachfrage, steigt der Marktpreis durch die Flache Merit-Order-Kurve nur geringfügig.
Ist das Energieangebot in windstillen und dunklen Zeiten aufgrund der resultierend geringen Einspeisung Erneuerbaren Energien allerdings gering, steigt der Börsenstrompreis stark, denn nun produzieren Kraftwerke mit teuren Grenzkosten den Strom und sorgen für eine steilere Merit-Order-Kurve. In diesen Zeiten können geladene Energiespeicher ein zusätzliches Angebot schaffen und das Grenzkraftwerk, das preisbestimmende Kraftwerk, verdrängen. So lässt sich durch die Verschiebung der Einspeisung ein preisdämpfender Effekt erzielen. Detailliert lässt sich dies auch in unserem Blogartikel „Warum Batteriespeicher die Strompreise senken“ nachlesen.